Miss Schweiz Alina Buchschacher

Marco Ratschiller | veröffentlicht am 07.10.2011

Der Jubel von Feministen und Feingeistern kommt zu früh. Das Schweizer Fernsehen, unser zwangsgebührenfinanzierter Service public, seit Anfang Jahr vom sendungsbewussten Roger de Weck dirigiert, kippt die «Miss Schweiz»-Wahlen wegen schlechtem Marktanteil (25,7 %) kurzerhand aus dem Programm.

Miss Schweiz Alina Buchschacher
Michael Streun | (Nebelspalter)

Dass die Zuschauerzahl nur ein vorgeschobenes Argument sein kann, ist offensichtlich ? müsste Leutschenbach sonst konsequenterweise fast nur noch das Testbild senden. 

Nein, gerade die neue volkspädagogische Führungsriege beim SRF hat der überwundenen Ära Walpen/Deltenre doch die postkommerzielle Parole «Qualität statt Quote» entgegengestellt. Wie eine solche Qualitätsoffensive im Dienste des Citoyens aussieht, wurde uns gerade erst in einer zweiwöchigen Gehirnwäsche «live vom Bundesplatz» demonstriert. Über 400 Mitarbeiter des Öffentlichrechtlichen schufteten in Bern Tag und Nacht daran, dass wenigstens am 23. Oktober die Quote an der Urne nicht weiter absackt (2007: 48,3?%). Während unser SF in die Produktion der Krönchen-Gala keine halbe Million mehr stecken mag, dürfte bei fortgesetztem Trend anlässlich der Wahlen 2015 auf jeden Stimmbürger ein SRF-Journalist entfallen, der den Wahlberechtigten persönlich zum Urnengang begleitet.

Das scheinbar sinkende Publikumsinteresse an der «Miss Schweiz»-Wahl als allgemeine Abkehr vom Oberflächlichen und Seichten zu deuten, ist allerdings pures Wunschdenken.  In einer Fernseh-Realität, in der durchorchestrierte Casting-Maschinerien quartalsweise neue Musicstars, Topmodells, Supertalente hervorbringen ? und noch viel mehr auf der Strecke Gebliebene, denen wir genüsslich beim Scheitern zusehen ? sind herkömmliche Miss-Wahlen nicht zu doof, sondern zu wenig doof geworden.

Wie sehr sich das zum Event hochgepuschte «Bundesplatz live» hinsichtlich der Wahlbeteiligung ausbezahlt, werden wir bald wissen. Gewiss werden aber auch am 23. Oktober, wie schon in den letzten Legislaturen, einige junge Kandidatinnen nicht zuletzt dank ihrem vorteilhaften Äusseren den Sprung nach Bern schaffen. ? Alles klar, Herr de Weck: Wozu Missen wählen, wenn die Politik immer mehr «Glanz&Gloria» wird? 
 

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