
Gemäss einem bekannten Diktum Bert Brechts liegt auf der kapitalistischen Achse des Bösen die Eröffnung einer Bank wertungsmässig noch vor einem Einbruch in ein solches Kreditinstitut. Und wo liegt dann das Verschachern der noblen Privatbank Wegelin an die im Bauernkredit- und Hypothekargeschäft erdhaft verwurzelten Raiffeisenbank? Und dem Abwickeln der verbliebenen US-Steuerfluchtkonten bei Rest-Wegelin als mitleiderregender «Bad Bank»?
Schon seit geraumer Zeit prophezeit man Raiffeisen: «Ihr geht noch mal über den Jordan mit euren Auslagen an diese wahnsinnig gewordenen Eigenheimdeppen! Jedes Rindvieh braucht ein Haus, und ihr seid so blöd, das auch noch zu finanzieren.» Da die Jungs von Raiffeisen nun doch nicht für ewig und drei Tage als Ortsdeppen dastehen wollten, hatten sie schon früher mal versucht, die Bank Sarasin an Land zu ziehen. Das ging allerdings grausam in die Binsen.
So ergab es sich halt sehr schön, dass Wegelin-Anführer Konrad Hummler - der sich aufgrund seiner gediegenen Investitionsratschläge und verlockenden Schalmeienklänge US-Kunden gegenüber, die sich dauernd auf der panischen Flucht vor dem Fiskus befinden, verschiedene Beinamen wie beispielsweise «Orakel von St.?Gallen» oder «Winkelried des Schweizer Bankgeheimnisses» eingehandelt hat - dass eben dieses Finanzgenie kürzlich zu seinem tiefsten Bedauern mitteilen musste, dass die 1741 gegründete Wegelin-Bank nunmehr aufgeteilt werden müsse - womit sie nun total im Eimer ist. Die schöne Bank, eine Schande ist so etwas. Ungefähr so verheerend wie der Schmachfrieden von Versailles für das Deutsche Reich 1918.
Hummler darf jetzt unter Krokodilstränen wegen «Aufgabe seines Lebenswerkes» noch die paar restlichen Dollars hin- und herschieben, die vermögende Yankees auf Empfehlung von Wegelin-Mitarbeitern bei der St. Galler Privatbank versteckt hatten. Das Spassige daran ist, dass diese qualifizierten Vermögensberater dasselbe Monopoly schon vorher bei der UBS of America betrieben hatten. Dachten die Kameraden denn ernsthaft, dass dieselben Spielchen bei einer anderen Bank von den Amis nicht verfolgt würden? Dachten die gar nicht, weil sie sowieso nur an eines denken: ihren Bonus.
Back to poor old Mr Hummler; statt ihn mit Spott und Häme zu übergiessen, wie es die vielen Sozialneider tun, sollten wir lieber als Eidgenossen zusammenstehen. Wie damals auf der Rütliwiese und schwören, dass wir es einfach nicht mehr zulassen werden, dass unsere hart arbeitenden Banker - früher hatten wir in der Schweiz sogar mal «Bankiers» - um Lohn und Brot gebracht werden und der Sozialhilfe überantwortet werden müssen. Eventuell wäre bei der Bank Sarasin eine hübsche Stelle für Kollegen Hummler frei? Da könnte er sich als IT-Mitarbeiter bewerben und, um sein schmales Grundsalär etwas aufzubessern, Screenshots von interessanten Konten machen und dieselben gegen Höchstgebot auf dem schwarzen Markt - oder in Bern im Foyer des Bundeshauses - verscherbeln.
Oder er könnte bei Raiffeisen für eine Diversifikation und Modernisierung von deren antiquierten Finanzinstrumenten sorgen: weg von langweiligen Hypotheken und sonstigen öden Mini-Krediten, hin zu coolen strukturierten Anlagemodellen. Wie wärs als Einstieg mit einem Hedge Fund? Als Sektor bietet sich doch derjenige Bereich an, mit dem sich Nestlé, die Krake von Vevey, seit Jahr und Tag ihre Bilanzen vergoldet: Lebensmittel!
Hummler: ran an die Buletten! Oder besser - die Kartoffeln. Wie wärs mit einem Hedge Fund, bei dem auf die Menge und Qualität der Kartoffelernte des Jahres 2018 im oberen Fricktal gezockt wird? Das ist zwar längst nicht so vornehm wie einst Wegelin, aber, wie die im unteren Fricktal früher ansässigen Römer schon sehr präzise wussten: pecunia non olet, und manche Leute können ja sogar aus Dreck Geld machen. Warum dann nicht auch aus Aargauer Erdäpfeln, Hummler?