Talent geht gar nicht

Marco Ratschiller | veröffentlicht am 29.02.2012

Liebe Leserin, lieber Leser,

bestimmt sind Sie bereits gespannt, mit welchen mittelmässigen Pointen und moralinsauren Gedankenkonstrukt ...

Talent geht gar nicht
Swen (Silvan Wegmann) | (Nebelspalter)

Liebe Leserin, lieber Leser,

bestimmt sind Sie bereits gespannt, mit welchen mittelmässigen Pointen und moralinsauren Gedankenkonstrukten ich Ihnen heute den Einstieg in die neue ?Nebelspalter?-Aus­gabe zum Thema «Talent» zu vermiesen versuche, ehe Sie sich (diesmal bereits ab der dritten Spalte dieser Seite!) von Helvetiens Humorelite unterhalten lassen können.

Ich möchte Sie nicht enttäuschen. Die passende Denkfigur stammt aus meiner Studentenzeit, als ich mit anderen Kommilitonen im 18. Semester (wir hatten zusammen das aufstrebende Kabarett-Ensemble «Sic Transit Gloria» gegründet) nächtens in verrauchten Kellerkneipen und bacchantischen Diskussionen den Begriff des Talents aufs Energischste verwarf. Und zwar so: Einem in der humanistischen Aufklärung verwurzelten und meriktokratischen Gesellschaftsidealen verpflichteten Ich (Chancengleichheit!) muss die gesellschaftliche Anerkennung aufgrund von «Talent» (= angeborene Begabung) ebenso missfallen wie der Kult um äusserliche Schönheit oder adlige Herkunft. Nicht auf Talent, sondern auf Charakter und Fleiss kommt es an. Deshalb hat unser Kabarett damals bis zu seiner Auflösung auch nur geprobt, nie live gespielt.

Egal, ob mit angeborenem Talent oder wissenschaftlich hergeleiteten Pointenstrategien ? ?Nebi?-Leser Rolf Truninger aus Winterthur hat es geschafft: Sein boshafter Vorschlag «Du auch gerettet? Ein Unglück kommt selten allein!» hat im Sprechblasen-Wettbewerb Nr. 1/2012 den Zuschlag für das Wochenende im Kulm Arosa erhalten. Vielen Dank auch allen anderen Teilnehmern mit ihren zahlreichen Spitzen­ideen. Wenn Sie so weitermachen, lassen wir hier bald mal alle Sprechblasen weg.

Marco Ratschiller

Artikel erschienen in der Ausgabe

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