
Lange hatte ich keine schwarze Katze mehr gesehen. Dann stand sie plötzlich vor mir, schaute kurz zu mir hoch und dachte offenbar daran, meinen Weg zu kreuzen.
Mein Kätzchen, weisst du nicht, dass das Unglück bringt? Ich bin zwar nicht abergläubisch, die Katze vielleicht schon, denn im letzten Moment drehte sie ab und strich an meinem rechten Bein vorbei. Den verschone ich, wird sie sich gesagt haben, der scheints schwer genug zu haben. Vielen Dank, Miezekatze.
Lauf nie einem Menschen vor die Füsse, das bringt Unglück! Könnte es sein, dass Katzen das glauben? Katzen tun und lassen, was sie wollen. Meine Zufallsbekanntschaft wollte an mir vorbeihuschen. Wäre sie mir vor die Füsse gelaufen, hätte ich ja böse werden können, sehr böse. Ich hätte ausrasten können. Mistvieh, blödes, willst mir wohl Unglück bringen! Ein Tritt, und Samtpfötchen wäre im Gebüsch gelandet. Die clevere Katze wollte ebendies verhin-dern. Entweder sie hat mich verschont, oder sie hat sich verschont.
So schnell der Stubentiger auftauchte, so schnell schlug er sich in die Büsche. Eine Konfrontation Katz gegen Mensch, Schwarz gegen Weiss hat nicht stattgefunden. Das Büsi ist mir aus dem Weg gegangen. Das kluge Tier hat richtig entschieden, versteh ich doch nicht mal die Katzensprache. Man hätte sich nichts zu sagen gehabt. Eine vielversprechende Beziehung wäre das nicht geworden. Bin ich froh, bist du mir nicht nachgelaufen, mein Kätzchen; es soll unter euresgleichen ja anhängliche Geschöpfe geben. Ich aber bin kein Katzenhalter. Auch kein Hundehalter, falls dich das beruhigt. Als Kind hatte ich mal Wellensittiche. Sehe ich ein Leuchten in deinen Katzenaugen?
Vielleicht trifft man sich ja wieder mal, mein Kätzchen. Ich habe keine Angst vor dir, obwohl ihr früher angeblich mit den Hexen im Bunde wart. Alte Geschichten, mein Kätzchen, nicht wahr, aber es bleibt immer was hängen. Bevor mir wieder eine schwarze Katze über den Weg läuft, werden das viele Menschen tun, und ich weiss gar nicht, ob sie mir mehr Glück bringen.
Max Wey