Der dezente Bundespräsident

Nik Minder | veröffentlicht am 30.01.2014

Herr Bundespräsident, lieben Sie öffentliche Auftritte und fühlen Sie sich wohl auf dem diplomatischen Parkett? Ähm, ja, natürlich, ich meine, es liegt mir viel daran. Um deutlicher zu werden: Sehen Sie Ihre Aufgabe eher...

Der dezente Bundespräsident
Philipp Ammon | (Nebelspalter)

Herr Bundespräsident, lieben Sie öffentliche Auftritte und fühlen Sie sich wohl auf dem diplomatischen Parkett?
Ähm, ja, natürlich, ich meine, es liegt mir viel daran.
Um deutlicher zu werden: Sehen Sie Ihre Aufgabe eher diplomatisch-akademisch oder praktisch-lösungsorientiert?
Eine schwierige Frage.
Okay. Auf dem Bundesrats-Foto strahlen Sie eine gewisse Strenge und Härte aus. Ist das ein Signal dafür, wie Sie Ihr Amt und Verhandlungen führen wollen?
Wenn Sie dies so interpretieren wollen …
Waren Sie bereits beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg, wo man Ihnen wegweisende Richtlinien über die künftige Gerichtspraxis zwischen der Schweiz und der EU mitgegeben hat?
Nein, ich war - wie kommen Sie überhaupt dazu, mir solche Fragen …!
Als Bürger der Schweiz möchte ich mir ein Bild machen von Ihrer Durchsetzungsfähigkeit als Bundespräsident.
Ich muss mich doch zuerst mal zurecht …
Sehen Sie sich als ein Gestalter von Themen oder als Verwalter von Sachgeschäften?
Lassen Sie mich doch mal ausreden! Ich weiss schon, wie man Erfolg …
Wie sehen Sie die wirtschaftliche, gesellschaftliche, kulturelle und politische Zukunft unseres Landes? Sind die richtigen Weichen gestellt? Und hat der Bundesrat den Durchblick angesichts der Informationsmenge, welche uns täglich überflutet?
Ich bin gut vorbereitet und unsere diesbezüglichen Aufgaben …
Und wie sehen diese Aufgaben aus? Kümmern Sie sich künftig anstelle der SVP um das Ausländerproblem oder ist dies weiterhin ein Tabu-Thema? Und kann das wirtschaftliche Wachstum nur dank unbeschränkter Zuwanderung aufrechterhalten werden? Muss darum im Wohnbau-Sektor ein radikales Umdenken stattfinden?
Solche Fragen waren allerdings nicht vorgesehen. Der Gesamt-Bundesrat wird …
Als Aussenminister sind Sie viel auf Reisen. Bleibt da genügend Zeit für innenpolitische Problemlösungen?
Wir sind ein kollegiales Team, und wir bewältigen unsere Aufgaben …
Aber als Bundespräsident steht Ihnen eine klare Meinung zu wie zum ausufernden Bürokratie-Ausbau, zum fehlenden Klimabewusstsein, zum aufgeblähten Wohnungsmarkt …
Viele Sachfragen bedürfen eines grösseren Zeitrahmens …
Da haben Sie natürlich recht. Herr Bundespräsident, rasten Sie nie aus?
So was liegt mir fern. Ich kann natürlich schon mal auf den Tisch …
Wie reagieren Sie auf den Vorwurf der Führungsschwäche, Schlendrian und Verharmlosung von Problemen?
Als Bundesrat braucht es eine dicke Haut …
Und die scheinen Sie zu besitzen.
Der Bundesrat hat lediglich das Wohl und die Sorgfalt für die Zukunft unseres Landes vor Augen. Da bleibt kein Platz für …
Lernen wir nun einen dynamischen, selbstbewussten und zielstrebigen Didier Burkhalter als Bundespräsidenten kennen?
Ende Jahr werden Sie nicht enttäuscht sein.

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