
Alles, was in dieser Chronik der Geschichte der Lüge verzeichnet ist, hat sich wirklich so ereignet. Alles, was Sie übers Lügen wissen müssen, finden Sie nur hier und in keiner anderen Publikation.
Von der unbedarften Notlüge («die Welt ist flach») bis zur globalen Verschwörung («die Welt ist rund») und schliesslich den kleinen Notlügen unserer Politiker («die Welt ist nur stellenweise flach, sonst ist sie fast überall rund»): Es wird gelogen, dass die Schwarte kracht. Und nicht nur von pathologischen Lügnern. Auch von Müttern, anderen Eltern und vor allem Lebensratgebern für Erziehende. Ein Thema, dem sich der Nebelspalter als Fachorgan für die Zellteilung von Lüge und Wahrheit, schon immer verschrieben hat. Um die ganze Lüge in ihrem Kern zu begreifen, muss man zuerst ihre verlogenen Facetten kennen:
? Die Höflichkeitslüge «Die anderen Mitglieder des Bundesrats sind alle meine Freunde.»
? Die Schamlüge «Liebe EU-Mitglieder: Dass wir für die Zuwanderungsbeschränkung gestimmt haben, heisst nicht, dass wir euch nicht gern haben.»
? Die Notlüge «Die zweite Spur des neuen Gotthardtunnels wird nicht befahren.»
? Die Falschaussage «Nachdem wir die AKW ausgeschaltet haben, werden wir schon irgendwie Strom herkriegen.»
? Die Beschönigung «Nicht alle SBB-Züge sind überfüllt. Im Zug um 3 Uhr morgens hats immer reichlich Platz.»
? Die Übertreibung «Ich übertreibe nicht!»
? Die Untertreibung «Ein Sondersetting kostet gar nicht sooo viel.»
Die Augenwischerei: Kommt in der Schweiz auch schriftlich vor - in Heftform in grosser Auflage jeweils vor Abstimmungen in alle Haushalte versandt.
? Die Lebenslüge das Festhalten an einer Vorstellung, die das Leben lebenswert macht, obwohl nicht auf Tatsachen beruhend. Ein Beispiel: Christoph Mörgeli glaubt, er arbeite immer noch wie früher an der Uni.
? Die Doppelmoral Ja zur Ausschaffungsinitiative. Nein zu wirtschaftlicher Verschlechterung.
? Das Seemannsgarn wurde zuletzt gesponnen von einem Bootsführer auf dem Bielersee.
Lügenbolde erkennen
Lügen sollen ja äusserlich zu erkennen sein. Allerdings gibt es für jedes dieser Anzeichen auch eine ganz andere Erklärung: Die Meidung von Blickkontakt (dies kann auch mit der Hässlichkeit des Gesprächspartners zusammenhängen). Das Verdrehen der Augen (dies kann auch mit den idiotischen Aussagen des Gesprächspartners zusammenhängen). Starrer Blick (dies kann auch mit der Attraktivität des Gesprächspartners zusammenhängen). Kratzen an der Nase (dies kann auch mit einem Jucken der Nase zusammenhängen). Häufiges Blinzeln (trockene Luft). Lecken der Lippen (trockene Luft). Verschränkte Arme (dies kann auch mit dem Versagen des Deos zusammenhängen). Zögern: «Ja, also, ähhh, tja?...» (dies kann auch damit zusammenhängen, dass einem auf eine besonders dumme Frage des Gesprächspartners gerade keine Höflichkeitslüge einfällt). Hohe Tonlage der Stimme (dies kann auch mit dem Geschlecht oder der sexuellen Ausrichtung zusammenhängen).
«Ehrenwort!»: Wird meist nach einer faustdicken Lüge nachgeschoben. Lügner erkennt man generell an ihrer Sprache. Allerdings lügen manchmal auch Gebärdensprachler. Man muss ihnen dann auf die Finger klopfen.
Erlaubte Lügen
Im Vorstellungsgespräch ist es nicht verboten zu lügen, etwa was das bisherige Gehalt betrifft («Ich kriegte'n Bonus und fuhr die Firmen-Karre, n' Mercedes»). Auch müssen Fragen nach dem Geschlecht nicht wahrheitsgetreu beantwortet werden. («Naja, meistens bin ich hetero.») Ebenso muss eine Schwangerschaft nicht zugegeben werden («wenn Sie weiter so auf meinen Bauch starren, erwäge ich eine Anklage wegen sexueller Belästigung»). Vorstrafen dürfen verheimlicht werden («klar hatte ich Konflikte mit dem Gesetz. Wer hat die nicht, verdammt noch mal?!»). Gemäss Strafrecht darf ein Angeklagter lügen, sofern er sich dadurch nicht strafbar macht. In diesem Zusammenhang immer wieder verwendet wird die Ich-kann-mich-an-nichts-erinnern-Aussage, besonders von Tätern, die Ehefrau?/?Schwiegermutter?/?Chef mit 47 Messerstichen umgebracht haben.
Meister des Lügengebildes
In der Psychologie nennt man eine «sinnlos-fantastische Ausdeutung von Erinnerungslücken» die Konfabulation (von Laien auch das Johann-Schneider-Ammann-Syndrom genannt). Diese «soziale Lüge» dient dem Wohl des Belogenen. Beispielsweise: jemandem Hässlichen zu sagen «Du bist schön» oder dem Schweizer Volk «Die AHV ist nicht gefährdet».
Was uns zu den Lügenbaronen bringt, den wahren Meistern im Verdrehen der Wahrheit: den Politikern. Ein kleiner Almanach, um bekannte politische Aussagen zu übersetzen:
? «Unser Wahlprogramm ist da ganz deutlich: Meine Partei ist gegen Steuererhöhungen» (stecken Sie bloss genug Geld in Ihre Matratze, Sie werden es wohl später noch brauchen)
? «I did not have sexual Relationships with that woman» (das ist ja auch ein sehr weiter Begriff)
? «Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten» (aber es wäre schon gut für die Bauwirtschaft)
? «Sie können vollkommen beruhigt sein» (rette sich, wer kann!)
? «Ich habe ein absolut reines Gewissen» (zwinker-zwinker)
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