
Präsident Werner greift ein, denn drei frohe Ereignisse innerhalb von drei Jahren drohen den Frieden in der Männerriege zu zerstören.
Aktuar Albert, einst Mitglied der Selbsthilfegruppe «Alt werden ohne Enkel», ist nun dreifacher Grossvater und vermiest seither seinen Mitturnern das Bier in der Stammbeiz «Zur Heimat». - «Diskutieren wir über die WM, bringt er es doch fertig, das Gespräch zu einem Monolog über seine Enkel abzubiegen, erzählt einer von den Ferien, sind wir in fünf Minuten bei seinen Enkeln, weilt ein Bär in Graubünden, stellt Albert einen Bezug zum Bärli seiner Enkelin her - es ist zum verrückt werden», bringt es Markus auf den Punkt.
Der Knatsch gurkt Präsi Werner zwar an, doch gedenkt er das Problem bei einem Bier diplomatisch zu lösen. «Hab meine helle Freude an deinem letzten Protokoll gehabt. Witzig und richtig zugleich, das macht dir keiner nach. Du bleibst doch weiter als Aktuar?» Ja, ja, er mache die Schreibarbeit gerne - doch jetzt mit drei Enkeln werde es halt etwas eng «Zwei Mal pro Woche hüten wir, ich sag dir, das bringt auch was, da könnte ich dir stundenlang erzählen.» Ja, eben stundenlang, die Kollegen fänden das gar nicht so spannend, die meisten hätten nämlich auch Enkel. «Klar, ich erzähl ja nur ab und zu ein Häppchen, also letztes Mal in der Badi sagten wir der zweijährigen Julia, bei den Aprikosen dürfe sie den Stein nicht essen. Das hat sie sofort geschnallt, dieser Goldschatz...» Das sei ja herzig, gesteht der Präsi etwas ratlos. «Darauf dribbelte sie zu allen Früchteessern in der Badi mit der Botschaft: Schtei nöd ässe!» Worauf Albert eine Lachsalve abfeuert.
Der Präsident findet das mässig lustig, und die Kollegen am Stammtisch nebenan schauen ihn mitleidig an. «Jetzt ist WM und die Kollegen sprechen halt lieber...» Albert schaut verwirrt drein. «Also früher hast auch du von Kameraden und nicht von Kollegen gesprochen, solche Traditionen müssen wir Alten hochhalten - auch bei den Enkeln versuche ich immer wieder, auf die Feinheiten...» Werners Laune trübt sich, er spürt, dass er am Ziel vorbeischrammt. «Ist ja gut, dass du die Jüngelchen sprachlich förderst - aber jetzt ist doch für alle Sportler, auch für uns alte Knochen, die WM das Thema. Gerade du hast vor vier Jahren noch über die Schweizerelf referiert, das fehlt den Kollegen heute.»
Das stimme schon, aber nun habe er das Thema einfach erweitert. «In der Badi nimmt Julia bereits meine Pässe ab - ein Wunder punkto Koordination. Auch der kleine Tyson...» Werner wird etwas ungehalten. «Ja, wahrscheinlich sind Julia und Tyson auch motorisch hochbegabt und Anna nebenbei ein Bewegungsgenie.» Jetzt sitzen die beiden missmutig an ihrem Tischchen. Werner bestellt noch zwei Stangen in die Stille und schaltet eine Stufe zurück. «Ich verstehe ja deine Begeisterung über deine Enkel, aber so verhält es sich bei allen Kleinen.» Früher habe Albert dies auch so empfunden.
«Gerade du hast vor Jahren einmal den Alex abgestellt, der immer von seinen hochbegabten Enkeln tratschte.» Albert taut wieder auf: «Ja, da bin ich mal schön dreingefahren - aber was hat dies mit der heutigen Situation zu tun?» Der Präsident glaubt sich dem Ziel wieder näher: «Du hattest damals nicht nur einen Kollegen abgestellt, sondern auch alle Gespräche über hochbegabte Enkel!» Albert schweigt wieder eine Weile mit tief beleidigter Miene. «Diese Gespräche damals gingen mir wirklich auf den Keks. Aber zur heutigen Situation besteht kein Bezug. Denn bei diesen Enkelkindern handelte es sich um herzige, aber keineswegs hochbegabte Kinder. Meine drei - das sagt jeder, der sie kennt - sind aber wirklich herzig und hochbegabt!» Worauf der Präsi eine Runde bestellt - weil ihm nichts anderes einfällt.