Preisschock für fortschrittliche Schulen

Carole Starrmilch | veröffentlicht am 11.08.2014

Der Verband Schweizer Minen- und Patronenhändler VSMP geht gegen Schulen vor, die den Kindern nicht mehr die klassische Schnürlischrift beibringen.

Preisschock für fortschrittliche Schulen
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Schulkinder, die nicht mehr zusammenhängend in Schnürlischrift schreiben, verbrauchen weniger Bleistifte, Kugelschreiber-Minen und Tintenpatronen. «Steinschrift verbraucht rund 25 Prozent weniger Schreiblinienkilometer (SLK) als die Schnürlischrift», hält VSMP-Sprecher Lutz Sütterlin fest. «Die Rechnung ist einfach: 25 Prozent weniger Linienkilometer sind 25 Prozent weniger Umsatz. Das bedeutet Dutzende gefährdete Arbeitsplätze.» Und weiter: «Wir können deshalb den Entscheid vieler Schulen, auf die alte Schulschrift zu verzichten, nicht tatenlos hinnehmen.» Der Verband hat die Verkaufspreise von Schreibmaterial für solche vermeintlich fortschrittliche Schulen um 30 Prozent angehoben. Damit soll der Rückgang von Rund 2,4 Schreiblinienkilometer pro Jahr und Schüler ausgeglichen werden.

Noch steht eine Reaktion der interkantonalen Konferenz der Steinschrift-Schulen (IKSK) aus, es gilt jedoch als gewiss, dass diese Preispolitik nicht widerspruchslos hingenommen wird.

Offen ist im Moment auch noch, ob Schüler, die sich selbst in einer Papeterie mit Schreibutensilien eindecken, von der Preisabstufung betroffen sein werden. «Der VSMP will noch diese Woche entscheiden, ob Papeteristen einem Schüler aus einer schnürlischriftfreien Schule den höheren Preis verrechnen müssen», erklärt Sütterlin. Papeterien sollen an einem Logo oder Label auf dem Schülerausweis erkennen, ob an der Schule des Kunden zusammenhängend oder in Blockschrift geschrieben wird.

Initiative angekündigt

Die Bundespolitik scheint die Problematik bislang verschlafen zu haben. Einzige Ausnahme ist der Berner Nationalrat Adi Frutiger, Präsident der OTF (Open Type Federation): «Es ist schon nur stossend, dass in einer solch zentralen Kulturtechnik wie dem Schreiben auf Schulkreis-Ebene entschieden werden kann, mit welcher Schrift die Kinder erzogen werden. Dass dabei mutwillig der Tintenpatronenstandort Schweiz gefährdet wird, ist schlicht unhaltbar.» Die OTF und ihre Schwesterorganisation TTF erwägen nun, eine Volksinitiative zum Erhalt der Schnürlischrift zu lancieren. Allerdings wurde der Initiativtext von der vorprüfenden Bundeskanzlei in einer ersten Version zurückgewiesen, da er nicht in Druckschrift eingereicht worden ist.

Korrigendum

In einer früheren Version dieses Artikels war statt vom VSMP irrtümlich vom Verband Schweizer Patronen- und Minenhersteller (VSPM) die Rede, welcher ausschliesslich auf Munition und Landminen spezialisiert ist. Wir bitten diesen Fehler zu entschuldigen.

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