
Der Schweizer Detailhandelsriese Migros greift hart durch: Nach dem Shitstorm um die Hitler-Kaffeerahmdeckeli und der sofortigen Beendigung der Zusammenarbeit mit der Herstellerfirma mistet der Konzern richtig aus und streicht sämtliche Artikel aus dem Sortiment, die ethisch nicht zweihundert Prozent vertretbar sind.
«Gross ist der Applaus gewesen, als die Migros vergangene Woche im Fall der Hitler-Rahmdeckeli hart durchgegriffen und mit der Beendigung der Zusammenarbeit ein Schweizer KMU in den sicheren Konkurs getrieben hat», so Migros-Sprecher Urs Peter Naef gegenüber den Medien. Konzernchef Herbert Bolliger hat deshalb schnell reagiert und die Überprüfung sämtlicher 38'000 Produkte angeordnet. Die klare Weisung: «Alles, was nicht in allen Faktoren und über den gesamten Produktionsprozess ethisch, ökologisch oder gesundheitspolitisch unbedenklich ist, fliegt raus.» Allein der Verzicht auf Waren, die ganz oder in Komponenten aus Ländern ohne demokratische Volksrechte oder ohne ausgebauten Arbeitnehmer- und Umweltschutz stammen, habe Zehntausende von Produkten aus unseren Regalen gefegt.
«Es ist in mutiger Schritt, aber wir wollen uns nicht mehr dem Risiko aussetzen, uns dereinst vor künftigen Generationen und deren Shitstürmen rechtfertigen zu müssen, wie wir in der Gegenwart Produkte verkaufen konnten, an denen so viel Ungerechtigkeit und so wenig Respekt gegenüber der Umwelt hängen - und dies nur, weil sich die Leute heute lieber über Kaffeerahmdeckeli empören als über die wirklichen Missstände auf dieser Welt», so Urs Peter Naef.
Stark reduziertes Angebot
Am Ende der von einer internationalen Ethik-Kommission begleiteten Sortimentsbereinigung stehen der Migros pro Woche durchschnittlich noch 400 Bio-Eier, 2000 Salatköpfe und monatlich ein halbes Kilo Waldhonig zur Verfügung. Ein Sortiment, das mit Bedacht auf die zehn regionalen Genossenschaften verteilt werden will. «Die Produkte-Bereinigung führt natürlich zu einer leichten Unterbelegung unserer Verkaufsflächen und Warenlager», so der Sprecher weiter, «weshalb wir uns auch dir Rückkehr zu Gottlieb Duttweilers Migros-Wagen vorstellen könnten.»
Vorher noch muss der Konzern aber ein anderes Problem lösen. Da die neuen Ethik-Richtlinien vorschreiben, nicht mehr mit Unternehmen zusammenzuarbeiten, die Monatsgehälter unter 4000 Franken zahlen, verweigert die Konzernleitung die Zusammenarbeit mit sich selbst.
Überarbeitetes Logo
Um den historischen Schritt in der Unternehmensgeschichte zu dokumentieren, hat der Migros Genossenschaftsbund auch sein bekanntes Logo modifiziert. «Der Kreis, der neu über dem O schwebt, symbolisiert die neue, ganzheitliche Perspektive unserer Konzernphilosophie», sagt Naef, der sich jedoch sichtlich darüber ärgert, dass auf Twitter bereits ein neuer Shitstorm tobt, weil das neue Logo vor allem an einen Heiligenschein erinnern soll.