Weinland Vatikan

Thomas C. Breuer | veröffentlicht am 01.11.2014

Ein gewisser Herr al-Baqir hat einmal behauptet: «Am Tage der Auferstehung wird der Alkoholtrinker mit einem schwarzen Gesicht kommen, mit ausgestreckter Zunge, während sein Speichel auf seine Brust tropft.»

Weinland Vatikan
(Nebelspalter)

Ein Prophet verfluchte diejenigen, die Reben pflanzen, Wein servieren und die, die ihn trinken. Was fehlt seinen Glaubensbrüdern folglich? Die Geselligkeit, das Schöntrinken, die Entspannung, die Stammhirnlähmung. Rotwein kann freie Radikale neutralisieren, Schafsmilchlikör wirkt gegen Krebs. Ein Leben in Luxus fördert die Gesundheit, weswegen man ja so viele lebensfrohe und breite Menschen sieht. Champagner trägt zum Abbau von Cholesterin bei. Mangelerscheinungen hingegen können zu Fehlernährung, Fehleinschätzungen und muselmanischen Depressionen führen. Anders bei uns: Messe lesen, Trauben lesen, hier liegt das nahe beieinander, und es gab Zeiten, da nur in Gotteshäusern reiner Wein ausgeschenkt wurde: In vino veritas. Und im Gegensatz zu manchem Winzer hat Jesus Wasser in Wein verwandelt.
Wo also finden wir den weltweit höchsten Pro-Kopf-Ver­brauch von Wein? Im Vatikan - über 70 Liter. Tendenz steigend. In der Schweiz gerade mal die Hälfte, Tendenz fallend. Vati kann also ordentlich was vertragen. Das hat Tradition: Bei Papst Urban II. im ausgehenden 11. Jahrhundert bekam derjenige eine Audienz, der mit einer Kiste Wein aufkreuzte. Schluckt man in Rom zu viel des guten «Vinum pro sancta missa»? Nicht unbedingt: Statistiken werden auf die Gesamtbevölkerung ausgelegt - und im Vatikan fehlen die Kinder. Jedenfalls offiziell. Wer übrigens seine Jugend in den 50er-, 60er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts verlebte und sich an die Priester jener Zeit erinnert: Damals dachten alle, Betatschen gehöre zum Anforderungsprofil! Den Priestern kam der Messwein zupass: Zum einen, sich Mut anzutrinken, zum andern, die Schutzbefohlenen gefügig zu machen. Ministranten soffen heimlich, um über alles hinwegzukommen. Dabei lag die Messlatte für Messwein traditionsgemäss hoch. Entschuldigung - Messlatte ist ein Begriff, den man in diesem Zusammenhang eher zurückhaltend verwenden sollte. Mittlerweile ist das Thema Missbrauch aber vom Tisch, die Kirche hat den Opfern verziehen.

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