
Die besonders treuen Leser unter Ihnen fragen sich ja schon seit 1901, warum die Weltöffentlichkeit dem alljährlichen Preisspektakel, vom schwedischen Dynamit-Fabrikanten Alfred Nobel ins Leben gerufen, so viel Bedeutung beimisst. Gerade bei «Nobels fredspris», Alfreds Friedenspreis, klafft ja bei den in all den Jahren Geehrten zwischen Anspruch und Wirklichkeit die eine oder andere hässliche Lücke.
Leider werden die Nobelpreise nicht posthum vergeben. Unvermeidlich deshalb, dass man immer mal wieder den Tag vor dem Abend lobt respektive die Tat vor dem Einsargen. Mit der Folge, dass sogar ein Adolf Hitler 1939 für den grössten Pazifisten-Pokal nominiert werden konnte, Stalin übrigens mit 1945 und 1948 sogar zweimal. Wobei, mit Friedenspreisen für Diktatoren hätte man zumindest noch Leute ausgezeichnet, die tatsächlich etwas zu sagen hatten.
Wann man genau damit angefangen hat, Personen zu ehren, die einfach mal etwas gesagt haben - zum Beispiel der gebürtige Hawaiianer Barack Hussein Obama II mit seinem «Ja, wir können» -, das lässt sich nicht mehr so genau rekonstruieren. Am Ende seiner zwei Amtszeiten wird jedenfalls recht strittig sein, ob der US-Präsident friedenspolitisch «von grösstem Nutzen für die Menschheit» war, wie das Alfred Nobels Stiftungsurkunde vorschreibt.
Klar ist: Wenn ein Friedenspreis nicht mehr Geleistetes auszeichnet, sondern mit der Kraft seiner Symbolik noch zu Leistendes einfordern will, dann passt es auch, wenn die 17-jährige Malala Yousafzai aus dem pakistanischen Swat-Tal nun in diesem Jahr die Ehrenmedaille erhält. Friedenspolitik goes Marketing. Nicht in erster Linie ihr (zweifellos bemerkenswertes) Engagement, sondern ein knapp überlebtes Attentat im Oktober 2012 machte Malala über Nacht weltbekannt und quasi zum Poster-Girl sämtlicher Kinderrechtler.
Gut möglich also, dass in einigen Jahren zum Beispiel auch eine Miss-Schweiz-Kandidatin nach Oslo reisen wird, wenn ihr zuvor etwas Schicksalhaftes zugestossen ist und sie sich dann medienwirksam damit auseinandersetzt. «Für Weltfrieden und so» sind schliesslich jeweils alle.