
Wie Thomas Jordan aus heiterem Himmel auf die Idee kam, die Euro-Untergrenze aufzuheben, darüber rätseln nun die Ökonomen. Doch wo die Wirtschaftsanalytiker versagen, da recherchiert der «Nebi». Wir haben die Überwachungskamera eines Bankschalters ausgewertet, auf der zu sehen ist, wie eine Person, Jordan nicht unähnlich, vom Erstlehrjahr-Stift bedient wird.
Thomas Jordan: «Grüezi. Ich möchte Euro wechseln.»
Bank-Stift: «Gern. Und wie viel, bitte?»
TJ: «Für 30 Milliarden Franken.»
Stift: «Und ist das von Ihrem Privatkonto oder vom Kontokorrent der SNB?»
TJ: «Vom SNB-Konto, bitte.»
Stift: «Das Konto lief früher über einen Herrn Philipp Hildebrand?...»
TJ: «Jaja, aber ich hab hier seine schriftliche Vollmacht, dass ich Geld abheben darf.»
Stift: «Dann nur die üblichen Sicherheits-fragen zur Klärung Ihrer Identität. Können Sie mir eine oder zwei letzte Kontobewegungen sagen?»
TJ: «Letzte Woche haben wir?... hmmm?... das müssen so an die 20 Milliarden gewesen sein, als wir noch mal intervenieren mussten. Und sonst der Dauerauftrag von 10 Millionen am Tag.»
Stift: «Stimmt genau. Woher haben Sie bloss so viel Geld? Ich muss das fragen, wegen der neuen Schwarzgeld-Vorschriften.»
TJ: «Ganz einfach, wir machen es selbst.»
Stift: «Hä? Echt jetzt?»
TJ: «Die SNB hat die Lizenz, Schweizer Franken zu machen. Wir sind die Schweizerfranken-Macher! Wir erhöhen dann einfach die Zahl auf dem eigenen Konto.»
Stift: «Also, ehrlich gesagt, das klingt jetzt wie Beschiss.»
TJ: «Bitte? Das ist hohe Finanzpolitik!»
Stift: «Eben.»
TJ: «Im Dezember zum Beispiel haben wir 30 Milliarden gemacht.»
Stift: «Wow! Da braucht ihr ja ganz schön viele Tintenpatronen im Drucker!»
TJ: «Die allein hätten letztes Jahr 25 Millionen gekostet. Ich bestelle sie aber online in Konstanz, da sind sie billiger.»
Stift: «Ich muss Sie übrigens drauf hinweisen, dass für die Abhebung bei der Fremdbank zwei Franken belastet werden.»
TJ: «Das ist wieder typisch, wie der Kontoinhaber von euch geschröpft wird! Na, also bitte.»
Stift: «Und wie möchten Sie es?»
TJ: «Grosse Noten. Ein paar Zehner auch noch, so für kleinere Interventionen.»
Stift: «Das wären dann zehn, zwanzig, dreissig Milliarden Euro, bitte schön. Möchten Sie ein Couvert?»
TJ: «Gerne (packt Geld ein). So. Immer noch besser, das Geld bei der Bank zu holen, als Negativzinsen zu blechen, haha!»
Stift: «Ah, jetzt kann ich es auf unserer Währungstabelle sehen: Ihr Kauf hat den Franken zum Euro eben wieder bei 1.20 eingependelt.»
TJ: «Sag ichs doch. Was nicht passt, wird passend gemacht.»
Stift: «Ist es denn eigentlich gut, wenn wir am Euro angebunden sind? Das klingt so nach Leinenzwang.»
TJ: «Wenn wir die Untergrenze nicht mehr verteidigen, würde schwups über Nacht in der Schweiz alles 20 Prozent teurer werden! Und der Euroraum 20 Prozent billiger!»
Stift: «Also wieder ausgeglichen, oder?»
TJ: «Äh... (überlegt), ja, schon. Oder? Moment, das muss ich mal nachrechnen...»
Stift: «Vielleicht wäre statt einem Wechselkurs auch mal ein Kurswechsel gut, denken Sie doch einmal darüber nach.»
TJ: «Aber die Exportbranche würde extrem darunter leiden.»
Stift: «Ach, das mit dem Abwandern drohen die doch sowieso immer und bleiben dann doch. Hunde, die bellen, wissen Sie.»
TJ: «Und dann der Tourismus: Das würde in der Schweiz alles noch mal verteuern.»
Stift: «Im Ernst, die Skipässe könnten die ja unmöglich noch mal anheben. Sagen Sie mal: Das Euro-Münz, das beim Shoppen in Konstanz immer irgendwie übrig bleibt, was machen Sie mit dem?»
TJ: «Ja, also, ich tue sie in so ein Einmachglas für die 3. Säule.»
Stift: «Wäre es nicht toll, wenn man in der Schweiz die Parkuhren mit genau diesen Euro füttern könnte, die man sonst nirgends losbringt, und dann billiger parkieren könnte? Denken Sie mal an all die Vorteile sonst noch...»
TJ: «Vorteile?...?»
Stift: «Die SBB würde die Reisekosten ins Ausland senken, liegt ja auf der Hand. Und die Arbeitgeber. Die können endlich die Löhne senken und keiner könnte es ihnen verübeln. Was sie schon lange wollten und einfach keine gute Begründung fanden. Und das ganze importierte Zeug müsste doch fast automatisch billiger werden, oder? Früchte, Gemüse, Möbel und Kleider?...»
TJ: «Und Importbier!»
Stift: «Autos auch!»
TJ: «Gopferdeckel! Du hast recht, mein Junge! Ich ruf sofort den Bundesrat an! (wählt Kurznummer auf Handy) Johann? Ja, ich bins! Hör zu: wir heben die Euro-Mindestgrenze auf! Der Spuk hat lange genug gedauert?... Ja natürlich hab ich mir das reiflich überlegt! Ich habe schliesslich ein ganzes Heer von Chefökonomen als Berater (zwinkert dem Stift zu). Wie jetzt, du hast kein Konzept? Du hast dreieinhalb Jahre Zeit gehabt, dir ein Stützungsprogramm für die Wirtschaft zu überlegen! ... Das ist dein Problem, wenn du gemeint hast, das kommt während deiner Amtszeit wohl nicht mehr!» (hängt auf) «Äh?... kann ich die 30 Milliarden gleich wieder in Franken zurückwechseln?»