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Marco Ratschiller | veröffentlicht am 02.04.2015

Wenn es um Vorurteile geht, denken immer gleich alle an Aus­länder-Klischees wie frauenfeindliche Balkan-Machos, Jaguar-fahrende Sozialhilfeempfänger oder Dschihadisten. Oft geht dabei vergessen, dass auch ganz andere Minderheiten unter Vorurteilen zu leiden haben.

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(Nebelspalter)

Nehmen wir etwa die Berner Jungsozialisten. Sie leiden unter dem Vorurteil, gewaltbereit und konsumfeindlich zu sein. Obwohl doch wenigstens einige von ihnen die Schaufenster der neu eröffneten Media-Markt-Filiale erst einschlugen, nachdem sie sich dort zuerst die unschlagbar günstige Playstation gesichert, nach Hause gebracht und damit ihren wertvollen Beitrag zum kapitalistischen Warenverkehr geleistet hatten. 

Oder nehmen wir den Schweizer Bundesrat, der unter dem Vorwurf leidet, den Bezug zur eigenen Bevölkerung verloren zu haben. Obwohl mindestens einer der sieben Magistraten sogar den Bezug zum Bundesrat verloren hat und  seit Tagen mit  seinem eigenen Team von Innendekorateuren die künftige Einrichtung im Büro des Generalsekretärs am Uno-Hauptsitz in New York evaluiert.

Oder nehmen wir Satiriker: Dass diese permanent gut gelaunt, witzig und voller Pointen-Einfälle sind, ist auch so ein belastendes Vorurteil.

Als letztes Beispiel jetzt vielleicht noch die Versicherungsbranche: Diese leidet unter dem böswilligen Vorurteil, alles und jeden zu versichern, wenn damit nur genug Geld verdient werden kann.

Dieses Editorial ist der Beweis, dass das nicht stimmt. Keiner der angefragten Branchenvertreter war bereit, eine Versicherung gegen fehlende Ideen für Schlusspointen abzuschliessen. Und ich hätte viel dafür bezahlt.

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