Bertrand Piccard

Marco Ratschiller | veröffentlicht am 02.07.2015

Den Mann kann man einfach nur beneiden. Wo immer er gerade irgendwas sagt oder tut, wird er von Journalisten umringt und von Fans bewundert...

Bertrand Piccard
Michael Streun | (Nebelspalter)

Bertrand Piccard, Sohn des Tiefseeforschers Jacques Piccard (1922-2008) und Urururgrossvater des Raumschiff-Kapitäns Jean-Luc Picard (ab 2305). Bertrand Piccard ist so berühmt, dass ihm der damalige Bundespräsident Adolf Ogi 1992 sogar per Live-Schaltung ins All mit einem «Freude herrscht»  gratulierte, obwohl er sich auf dem Atlantis-Shuttle durch den unbekannten Testpiloten Claude Nicollier vertreten liess.

Übrigens ist Piccard natürlich nicht nur berühmt, weil er einen tollen Vater hatte. Sondern auch, weil er stinkreich ist. Hahaha, das ist jetzt natürlich quatsch. Sondern auch, weil er eine wunderbare Mission hat. Piccard sucht und findet die letzten grossen Abenteuer unserer Zeit, um seine Vision einer besseren Welt zu leben. 1999 ist er zum Beispiel allein mit heisser Luft einmal um die Erde geflogen. Das machen zwar Tausende andere Menschen auch, aber erstens meist nicht in einem Ballon, und zweitens nehmen diese die heisse Luft nicht mit, sondern produzieren sie vor Ort. Zum Beispiel an einer Klimakonferenz.

Bertrand Piccard sorgt sich übrigens auch ums Klima. Aber anders als andere redet er nicht nur darüber. Nein, Piccard versucht ganz konkret Zeichen zu setzen. Zeichen zu setzen, über die dann die anderen wieder ausführlich reden können.

Momentan ist Piccard mit seinem Kollegen André Borschberg wieder dabei, die Erde zu umrunden, diesmal im Solarflugzeug. «Solar Impulse 2» soll der Welt zeigen, was heute schon mit Sonnenenergie alles möglich ist. Denn wir alle wissen: Durchschnittliche westliche Wohlstandshohlköpfe haben einen ökologischen Fussabdruck von bis zu fünf Erden, gerade auch wegen des Pro-Hohlkopf-Kerosin-Verbrauchs. Und wir alle wissen zugleich auch, dass wir nur diese eine Erde haben.

«Solar Impulse 2» zeigt der Welt aber leider auch, was mit Sonnenenergie alles nicht möglich ist. Für einen tauglichen Flugbetrieb müssten wir nämlich mindesten fünf Erden zur Auswahl haben, nur damit eine gewisse Chance bestünde, dass auf einer davon gerade günstiges Flugwetter herrscht und man nicht monatelang im Hangar festsitzt. Und:  Wollte man den gesamten heutigen Flugverkehr mit Solarflugzeugen abwickeln, wären weitere fünf Erden vonnöten, damit die ganzen Solartragflächen überhaupt nebeneinander Platz fänden.

Eine solch massive Verdunkelung der Erde durch die Tragflächen hätte natürlich Aus­wirkungen auf den ganzen Planeten. Nicht etwa - wie manch einer aus dem bisherigen Textverlauf vielleicht als nächste Pointe erwarten könnte - weil dadurch die Klimaerwärmung gestoppt werden könnte.

Sondern, weil man in der Dunkelheit all jenen Dummbatzen, die jenseits durchaus berechtigter Kritikpunkte an Bertrand Piccards PR-Tour tatsächlich glauben, man könne einfach so weitermachen und vermöge als Einzelner ohnehin nichts zu bewirken... - weil man jenen Dummbatzen in der Dunkelheit dereinst nur sehr schlecht dabei wird zusehen können, wie sie sich die Birnen einschlagen für den allerletzten Liter Erdöl, der für ein bisschen Wärme oder ein wenig Bewegungsenergie in die Atmosphäre verfeuert werden soll.

Denn, so verführerisch die Annahme mathematisch auf den ersten Blick erscheinen mag: Ein ökologischer Fussabdruck von fünf Erden lässt sich leider nicht mit einem meist gleichzeitig auftretenden intellektuellen Kopfabdruck von 0,2 Hirnen zu einer umweltverträglichen Eins multiplizieren.  

Artikel erschienen in der Ausgabe

loader