
Strassburg, 29. Februar 2024: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in einem Sitzungsmarathon mehrere Urteile mit Schweizer Bezug gefällt. Ruedi Stricker, unser am Gerichtshof akkreditierter Mitarbeiter, berichtet:
Gleichberechtigung am Zürcher Bahnhof
Der Bund verordnete vor acht Jahren den SBB aus Sicherheitsgründen bzw. zugunsten der Sicherheit der Sehenden das Entfernen der weissen Markierungen für Blinde. Nachdem die Beschwerde mehrerer Verbände während Jahren durch die Instanzen geschleppt und 2021 vom Schweizer Bundesgericht abgelehnt wurde, hat der EGMR den Blinden recht gegeben. Die SBB haben in einer neuen Verordnung eine salomonische Antwort gefunden, die sowohl die Blinden als auch die Sehenden von jeglicher Benachteiligung ausschliesst: «Die Markierungen bleiben bestehen. Sehende Bahnbenützer haben eine blickdichte Augenbinde zu tragen.»
Sirenentest
Seit dem Sirenentest 2016 herrscht Krach in der Schweiz. Streitbare Gehörlose forderten vergeblich die sofortige Einführung einer SMS-Alarmierung, die sowohl optisch als auch durch Vibration und Elektroschock funktioniert dies unabhängig vom Besitz eines mobilen Telefons und anderer Geräte. Nachdem der Bundesrat in letzter Minute entschied, unverzüglich sämtliche Sirenen ausser Betrieb zu setzen (nicht zuletzt zur Freude zahlreicher Hundebesitzer) und damit allen Bürgern gleich lange Spiesse für den Ernstfall zu verschaffen, wurde die in Strassburg hängige Klage zurückgezogen. Der Bundesrat verpflichtet sich in der neuen Risikostrategie, Präventivmassnahmen den Vorzug zu geben und Katastrophen gar nicht erst eintreten zu lassen. Unterstützt wird er von den Landeskirchen, dem Spirituellen Kreis Ostschweiz, dem Verband der Feuerlöschgerätehersteller und der Vereinigung zur Einführung der allgemeinen Schwimmwestentragpflicht.
Veganer und Militär
Nachdem sich die Schweizer Armee jahrzehntelang mit Weicheiern herumgeschlagen hatte, die lieber alte Menschen mit Tee versorgten als junge Krieger mit Gewehrkugeln, wurde sie 2015 mit einem neuen Phänomen konfrontiert: einem dienstuntauglich erklärten Veganer, der sich weigerte, Kampfstiefel aus Kuhhaut zu tragen und dennoch nicht um seine militärische Karriere betrogen werden wollte. Nachdem er auch beim Bundesgericht abblitzte, wandte er sich an die Strassburger Instanz und erreichte eine Verurteilung seines Vaterlandes. In der Folge wurde auf Schweizer Betreiben das Genfer Abkommen von 1949 dahingehend ergänzt, dass Armeen ihre Angehörigen mit Rücksicht auf die Tierwelt vegan zu ernähren und zu kleiden haben. Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die Gleichstellung der zertifizierten Veganer mit den Mitarbeitenden des Roten Kreuzes: Ab 2028 dürfen bei Kriegshandlungen nur noch Fleisch- und Käseesser erschossen werden.
Auch Pro Bahn setzt sich durch
Die SBB beschäftigen den Gerichtshof gleich nochmals: Nachdem sich Pro Bahn Schweiz, die Interessenvertretung der Kunden, über die Benachteiligung gegenüber Rollstuhlfahrern beschwert haben, gilt ab nächstem Jahr ein generelles Rollstuhlobligatorium für sämtliche Benutzer von SBB-eigenen Einrichtungen. Damit wird nicht nur die Benachteiligung von Stehpassagieren behoben, sondern auch ein Plus an Sicherheit gewährleistet. Die von den SBB entwickelten Modelle verfügen über Aufprallschutz und Airbag. Gegen Aufpreis wird das Modell «Fetus» mit Sicherheitszelle und integriertem Fumoir angeboten.
Schreinermeister versus Instrumentenbauer
Was andere nicht schafften, machte der Schreinermeisterverband. Zur Erläuterung: Eine Gitarre hat mindestens sechs Saiten. Ein Mitglied des Schreinerverbands hat nach zehn Jahren Berufstätigkeit durchschnittlich 3,9 Finger pro Hand. Damit ist dieser ehrbare Berufszweig faktisch von einer musikalischen Betätigung ausgeschlossen. Diese Benachteiligung wurde nun endlich auch vom Gerichtshof bejaht und hat entsprechende Rechtsfolgen. So dürfen ab 1. Januar 2027 nur noch Musikinstrumente mit maximal 2 Saiten oder Tasten in den Verkauf gelangen. Der Verband der Klavier- und Flügelhersteller hat bereits Widerstand angekündigt. Die Didgeridoofabrikanten hingegen begrüssen den Entscheid als historischen Schritt zur allgemeinen Gleichstellung.