Albert Rösti

Marco Ratschiller | veröffentlicht am 07.06.2017

Früher hätten wir ihn hier einfach ganzseitig in die Pfanne gehauen, den Rösti. Was heisst früher? Noch vor wenigen Tagen. Als noch im ganzen Land jene Abstimmungsplakate zur Energiestrategie 2050 hingen, die der Bevölkerung unter Androhung von 3200 Franken Mehrkosten eine kaltgeduschte Zukunft weismachen wollten.

Albert Rösti
Michael Streun | (Nebelspalter)

Damals, als dann die kalte Dusche vor allem auf Rösti Albert niederging, an jenem Abstimmungssonntag vom 21. Mai. Ja, noch vor  wenigen Tagen hätten wir in diesem Text fröhlich um «Duschen mit Doris» herum kalauert und Albert Rösti als mehligweichkochende Vollbintje apostrophiert.

Doch dann kam die Sache mit dem Datenjournalismus. Genauer gesagt: Die Sache mit dem Schweizer Medien-Start-up «Republik», das jüngst seine künftigen Leser darüber abstimmen liess, ob die nächste zu schaffende Stelle an einen Satiriker oder einen Datenjournalisten gehen soll. Resultat: Datenjournalismus schlug Satire beinahe im Verhältnis zwei zu eins. Ein Weckruf! Auch das dienstälteste Satiremagazin der Welt hat die Zeichen der Zeit erkannt und setzt ab sofort auf datengestützte Recherche und faktenbasierte Satire.

Selbst innerhalb der Redaktion hat kaum jemand geahnt, was der neue journalistische Ansatz ans Licht bringen sollte: Dr. Albert Rösti, prominent positionierter Gegner der Abstimmungsvorlage, war und ist nicht nur, wie allgemein bestens bekannt, Präsident des Verbandes Swissoil und damit ein glaubwürdiger und unabhängiger Experte im Hinblick auf alternative Energien. Recherchen dieser Zeitschrift zeigen, dass Rösti seit über einem Jahr - von der Öffentlichkeit praktisch unbemerkt - das Präsidium der Schweizerischen Volkspartei innehat. Den meisten Lesern dürfte diese Organisation unter der Abkürzung SVP besser bekannt sein.

Doch das ist erst der Anfang: Eine eingehende Analyse SVP-relevanter Daten und Taten lässt den Schluss zu, dass ausgerechnet jene Gruppierung, welche ganz vorne gegen die Energiestrategie angetreten ist, in ihrem Inneren die Energiewende bereits vollzogen hat: Schon im Herbst 2015 wurde der schnelle Wüter des Typs «Mörgeli» vom Netz genommen und durch «Köppel», ein Modell mit neuer Redaktortechnologie, ersetzt. Auch die Toggenburger Lachgasturbine «Brunner» wurde heruntergefahren, um dem milliardenteuren Chemiewerk «Martullo» und dem rechtsdrehenden Warmluftpropeller «Glarner» Platz zu machen. Inzwischen ist klar: Dem Generationenwechsel fehlt der «Pfuus» - die SVP kann die permanente Empörungssicherheit nicht mehr gewährleisten. Vereinzelt ist es schon zu Ausfällen in der lückenlosen Sorgenbewirtschaftung  gekommen.

Früher hätten wir ihn hier einfach ganzseitig in die Pfanne gehauen, den Rösti und seine SVP. Heute müssen wir feststellen, dass es vom satirischen Nährwert her gar nicht mehr für eine volle Seite reicht.

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