
Er hat es getan. Ganz klar. Vor aller Augen. Daran gibts nichts zu beschönigen. Christian Constantin, der seit Jahren schillernde Präsident des FC Sion, hat Ex-Nationaltrainer und Teleclub-Experte Rolf Fringer geohrfeigt und getreten.
Der nationale Sturm der Entrüstung, der daraufhin durch sämtliche Kommentarspalten und Onlineforen gefegt ist, war stark genug, um für mehrere Tage Trump und Terror aus den Titelseiten zurückzudrängen. Bei so viel einhelliger Kritik muss man wirklich nicht Roger Köppel heissen, um etwas gar viel Medien- und Meinungs-Mainstream zu wittern.
Tatsache ist: Keiner, der über dem ungehobelten Unterwalliser öffentlich und demonstrativ den Stab brach, hat sich die Mühe genommen, zu recherchieren, was Rolf Fringer in den Tagen vor der Tätlichkeit genau über Christian Constantin gesagt hat. Wir kommen darauf zurück. Stattdessen wurde überall dieselbe, unsägliche Leier angestimmt: «Selbstjustiz geht gar nicht» und «Gewalt ist keine Lösung». Kurzum: Bla bla bla. Wagt eigentlich niemand darauf hinzuweisen, was für ein unerträgliches, elitäres Weltbild hinter einer solchen Aussage steckt? Entlarvt niemand die Arroganz der Eloquenz hinter dem Mantra, das Wortgefecht sei dem Faustkampf stets vorzuziehen?
Wer hat die Idee in die Welt gesetzt, dass Meinungsverschiedenheiten stets mit verbalen und nie mit schlagenden Argumenten auszutragen sind? Genau: Das waren jene Milchgesichter, die man schon auf dem Pausenhof ohne Gegenwehr verdreschen konnte, bis sie sich gar nicht mehr aus ihren Bibliotheken und Schreibstuben trauten. Dort haben sie sich dann irgendwann mal mit solchem Schwachsinn wie dem «kategorischen Imperativ» und dem «Wettstreit der Worte» an ihren Peinigern gerächt. Mit anderen Wor-ten: Die intellektuelle Elite hat einen Moralkodex zu ihren Gunsten etabliert. Mit Chancengleichheit - einem anderen Lieblingswort dieser Heuchler - hat das alles nichts zu tun.
Schliesslich kann niemand etwas dafür, wie viel er in der Birne hat. Doch warum ist es in unserer Gesellschaft trotzdem oft das Mass aller Dinge? Ist es etwa fair von Twitter, das Zeichenlimit auf 280 Zeichen zu erhöhen, wenn der amtierende US-Präsident nicht einmal innerhalb der bisherigen 140 Zeichen logische und fehlerfreie Sätze bilden kann? Ist es fair, in Kim Jong-un ein Monster zu sehen, ohne zu bedenken, dass sein Atomprogramm eine späte Antwort auf die erlittene seelische Pein als Aussenseiter während seiner Berner Jahre sein könnte? Es ist an der Zeit, endlich die Sprachgewalt der Eloquenten zum Thema zu machen.
Zurück zu Fringer und seinen Beleidigungen: «Die Probleme des FC Sion sind hausgemacht.» - «Constantin müsste zuerst mal seine eigenen Aufgaben erledigen.» - «Er ist ein Narzisst.» Wer bei derart verletzenden Aussagen nicht ein wenig Verständnis für Constantins Reaktion hat, war auf dem Pausenhof bestimmt das Milchgesicht.