Unser Tor des Monats: Markus Ritter

Marco Ratschiller | veröffentlicht am 02.03.2018

Unser Tor des Monats: Markus Ritter
Michael Streun | (Nebelspalter)

An dieser Stelle wäre eigentlich der Abdruck eines vom ‹Nebelspalter› initiierten Vermittlungsgesprächs zwischen Bauernverbandspräsident Markus Ritter und Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann vorgesehen gewesen. Leider ist der oberste Bauer dem Termin ferngeblieben. Bundesrat Schneider-Ammann ist zwar erschienen, doch da er seine einleitenden Ausführungen bis Redaktionsschluss nicht beendet hatte, müssen wir diesen Teil der Berichterstattung leider auf die nächste Ausgebe verschieben.

Redaktionsassistenz: Ich hatte gerade das Sekretariat des Bauernverbandes am Draht. Ritter kommt definitiv nicht.  
Newsdesk-Praktikant: Das hätte ich euch auch sagen können. Er weiht nämlich gerade in Sevelen einen neuen Freilaufstall ein. Radio Rheintal berichtet live.
Wirtschaftsredaktor: Freilauf ist dem Herrn Meisterlandwirt offenbar lieber als Freihandel …
Agrarjournalist: Ich kann Ritter verstehen. Er ist einfach nicht bereit, auf Schneider-Ammanns Mercosur-Schachspiel das Bauernopfer zu spielen.
Sekretärin: Ich habe dem Herrn Bundesrat ein paar brasilianische Empanadas in den Konferenzraum gebracht. Ein Schachbrett habe ich nicht gesehen – er scheint vielmehr auf jemanden einzureden, obwohl er alleine im Zimmer sitzt …
Bundeshaus-Korrespondent: Ich glaube nicht, dass Schneider-Ammann je Schach spielt. Für eine ganze Partie ist so eine Legislaturperiode von vier Jahren einfach zu kurz.
Südamerika-Experte: Mercosur-Schach ist doch eine Metapher, Mann! Die EU steht kurz vor einem Freihandelsvertrag mir Südamerika. Die Schweiz muss hier nachziehen, um nicht ins Hintertreffen zu geraten.
Ressort Kalauer: Genau vor diesem Fehler will der Ritter von der baurigen Gestalt den helvetischen Primärsektor bewahren.
Edelfeder: Wenn ihr mich fragt, kämpft hier ein Don Quijote gegen Windmühlen.
Wirtschaftsredaktor: Das Problem ist aber, dass Ritter gar nicht kämpft, sondern nur pubertär rumtrötzelt. Das Angebot für die Südamerika-Reise: ausgeschlagen. Die Einladung zum Agrar-Gipfel: abgeschmettert. Unser heutiges Vermittlungsangebot: ignoriert. Economiesuisse-Präsident Heinz Karrer hat dieses Verhalten zu Recht als «unschweizerisch» kritisiert.
Ressort Geschichte: Einspruch! Aussitzen und Fernbleiben sind vielleicht die schweizerischsten Disziplinen überhaupt. Wie lange wartete die Frau auf ihr Stimmrecht? Die Uno auf unsere Vollmitgliedschaft? Die EU auf ein Rahmenabkommen?
Agrarjournalist: Und deshalb sollten die  argentinischen Gauchos eben auch noch lange auf ihr Freihandelsabkommen warten. Schneider-Ammann hat keine Ahnung, was da auf die Schweizer Landwirte zukommen würde. Dort unten kann eine Ranch so viele Rinder haben wie bei uns die Bauernhöfe mehrerer Kantone zusammen.
Inlandredaktor: Ich möchte jedenfalls nicht mit den Schweizer Bauern tauschen. Politik und Volk machen ihnen alle paar Jahre neue, oft völlig widersprüchliche Vorgaben. Allein drei Initiativen liegen abstimmungsbereit beim Bundesrat, eine steckt im Sammelstadium – und weitere sind bereits angekündigt.  
Agrarjournalist: Genau. Neben «für mehr Ernährungssicherheit» und «gegen Pestizide», «pro Hornkuh» und «kontra Massentierhaltung» sollen die Bauern sich mal eben schnell für den freien Markt rüsten, endlich innovativer werden oder einträgliche Nischen besetzen – hier ein Bio-Hoflädeli, da eine Pro-Specie-Rara-Kultur, dort eine Hochlandrind-Patenschaft.
Feuilletonist: Und der Schweizer, der als Stimmbürger diese idyllische Landwirtschaft fordert, fährt als Konsument nach Colmar, Konstanz oder Bregenz, um sich bei unwiderstehlichen Tiefstpreisen einzudecken.
Gagschreiber: Auweia, die Sache ist echt kompliziert. Nächstes Mal nehmen wir in dieser Rubrik definitiv besser wieder so ein Hau-drauf-Thema wie Post-Chefin Ruoff.
Umweltredaktor: Vielleicht ist die Sache weniger kompliziert als gedacht. «Bauern denken in Generationen», sagte Ritter kürzlich. Er spielt also auf Zeit. Zeit, in der Mercosur weiter Urwald abholzt, um noch mehr Millionen Rinder Methan in die Atmosphäre pupsen zu lassen. Der Klimawandel wirds richten: Während Südamerika verödet, wird Schweizer Schoggi dereinst mit Kakao aus eigener Produktion produziert.
Chefredaktor: Ich denke, mit dieser Enthüllung können wir hier Schluss machen.    
Sekretärin: Und was machen wir mit Schneider-Amman?
Inlandchef: So lange er in Bern nicht vermisst wird, lassen wir ihn einfach da drin.

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