
Inzwischen weiss man: Die Demokratie wird total überbewertet. Bei allen Lobgesängen auf die Freiheit, die Rechte und das Ganze Blabla gerät oftmals völlig in Vergessenheit, dass der Bürger auch Pflichten hat. Und Pflichten sind – der Zeitgeist will es so – total unsexy.
Lästig. Sie schränken den Handlungsspielraum des Individuums ein, um es mit den Worten eines kurz vor der Pensionierung stehenden diplomierten Soziologen auszudrücken.
Die Schlimmste aller Pflichten ist, sich vor einer Wahl oder einer Abstimmung zu informieren. Man stelle sich das vor: Der Bürger muss freie Zeit investieren, um herauszufinden, was er will (die Bürgerin natürlich auch, was noch etwas komplizierter ist, weil Frauen oftmals nicht wissen, was … – ok, ich höre auf). Fakt ist, dass dieses Prinzip in einer Gesellschaft, in der Freizeit rar ist, nicht funktionieren kann. Es muss scheitern.
Und es kommt so, wie es kommen muss. Während Bürger A lieber die Sportschau guckt, als politisches Gefasel zu lesen, wirft Bürger B eine Münze und Bürger C geht gar nicht erst zur Urne. Das Resultat: Diejenigen, die sich Zeit nehmen für Politik, entscheiden über diejenigen, die zu faul dafür sind. De facto ist die Meinung der Phlegmatiker total untervertreten in diesem Land. Hand aufs Herz, liebe Leserin, lieber Leser: Ist das etwa gerecht? Die Faulen haben keine Stimme.
Warum zum Beispiel hatte das unvermeidliche Grundeinkommen (oder wie das heisst) an der Urne keine Chance? Oder wie war das mit der Abschaffung der Armee? – Wenn einer zu faul ist, Militärdienst zu leisten, ist er dann genügend motiviert, sich zu informieren und zur Abstimmung zu gehen? Auch hier zeigt sich klar und deutlich, dass die Welt sehr, sehr einfach erklärbar ist, wenn man sich nur die Mühe nimmt. Politik ist trivial.
Wobei, niemand will hier schwarzmalen. Ganz so schlecht steht es nicht mit der Demokratie in diesem Land. Freie Wahlen sind sicherlich ein Luxus, der nicht überall auf der Welt selbstverständlich ist. Doch freie Wahlen bedeuten auch, dass der Bürger frei wählen darf, ob er zur Urne gehen will oder nicht. Und das ist richtige Freiheit, oder?