
Präsident Trump will nun doch keine Verschärfung des Waffengesetzes. Was für eine Überraschung! Die National Rifle Association NRA, die, nachdem sie den Wahlkampf Trumps tüchtig unterstützt hatte, die Macht über ihren Präsidenten kurzzeitig verloren hat, schiesst Freudensalven in die Luft. Business as usual.
Erinnern sie sich an den Notizzettel, den Trump bei sich hatte beim Treffen mit Überlebenden des Schulmassakers in Florida? Da standen Sätze drauf wie: «What would you most want me to know about your experience?», «Resources? Ideas?», «What can we do to help you feel safe?». Offensichtlich hatte er den Notizzettel mit jenem vertauscht, den er für die Sitzung mit der NRA vorbereitet hatte. Vor allem der letzte Punkt deutet zumindest stark darauf hin: «I hear you».
Was war das aber auch für ein Schwächeanfall Trumps? Wie kann es einem Staatsmann seines Formats passieren, dass er sich unter dem Eindruck eines weiteren schrecklichen Schulmassakers zu solch blinden und unüberlegten, ja emotionalen Entscheidungen hinreissen liess? Sein Teenager-Sohn hat ihn möglicherweise gebeten, etwas gegen diese sinnlose Gewalt zu unternehmen. Der Vater Trump, im ersten Moment vielleicht sogar gerührt von der Emotionalität, vom humanistischen Impetus seines Filius, liess sich hinreissen zu vorschnellen Ankündigungen, die Gewalt mittels Gesetzesverschärfungen in den Griff zu bekommen. Doch, wie wir nun wissen, hat Trump sich mittlerweile eines Besseren belehren lassen. Die NRA hat wohl nach der Ankündigung seiner erneuten Kandidatur für das Jahr 2020 durchblicken lassen, dass es unter gewissen Umständen nicht unbedingt bei den 30 Millionen Dollar Unterstützung, die für den ersten Wahlkampf aus ihren Kassen geflossen waren, bleiben müsse.
Trumps neue Sicherheitsstrategie ist bestechend, um nicht gar zu sagen: durchschlagend. Um Sicherheit an den Schulen zu erreichen, sind strengere Gesetze, wie es der Name schon sagt, strenger als mittels Waffengewalt. Attentäter halten sich offensichtlich nicht an Gesetze, durch Waffen können sie jedoch aufgehalten werden.
Und so ist es auch konsequent, wenn Waffen als Schutzmassnahme gegen Waffengewalt in amerikanischen Schulzimmern Einzug halten. Es ist auch nicht auszuschliessen, dass in Zukunft Waffenkunde ein fixer Bestandteil des Lehrplanes sein könnte. Sinnvoll wäre es allemal. Man stelle sich vor der Lehrer, als einziger Waffenkundiger im Klassenzimmer, resp. als Einziger nebst all jenen Schülern, die an Wochenenden regelmässig mit ihren Vätern Schiessfarmen besuchen, genau dieser Lehrer hat eine Schiesshemmung oder er ist abgelenkt, weil er just im Moment des Angriffs an der Wandtafel eine Division vorrechnet. In so einem prekären Moment müssten doch die aufmerksamen Schüler instinktiv die Aufgabe des Lehrers übernehmen können, die Waffe behändigen und den Angreifer, mit dem sie vielleicht noch im Vorjahr im Sommercamp waren, ausschalten.
Hätte man die Waffenkunde an amerikanischen Schulen schon früher eingeführt, hätten gewisse Attentate bestimmt verhindert werden können. Dann hätten nämlich genau jene ausgegrenzten Aussenseiter, die sich zuhause und auf den Schiessplätzen still und heimlich radikalisieren konnten, resp. psychisch erkrankt sind, um im Jargon des Präsidenten zu sprechen, diese Jugendlichen hätten sich endlich aufgehoben gefühlt und sie hätten brilliert in Waffenkunde und Nahkampftechnik. Und man weiss ja, wie wichtig solche Erfolgserlebnisse für die gesunde Entwicklung eines jungen Menschen sind.
Dies wäre mit Sicherheit nicht nur gut für den Zusammenhalt innerhalb der Klassen, sondern auch für die NRA, welche, mit ihren Diensten an der Menschheit, eigentlich schon viel zu lange übergangen wird bei der Vergabe des Friedensnobelpreises.