Weshalb der Papst mitspielt in Russland

Jörg Kröber | veröffentlicht am 01.06.2018

Cervelat vom Grill und ein Kasten Bier alleine reichen nicht als Vorbereitung für das fussballerische Ereignis des Jahres. Wir helfen weiter und verpassen Ihnen den letzten Schliff.

Weshalb der Papst mitspielt in Russland
Burkhard Fritsche | (Nebelspalter)

Sie haben einen Papst, die Argentinier: «Habent papam.» Und das inzwischen schon seit fünf Jahren. Unser Glückwunsch, Muchachos! – Nach der Wahl von Franziskus’ bayerischem Amtsvorgänger Benedikt im Jahr 2005 hatte das deutsche Boulevard-Blatt «Bild» bekanntlich, im Stile einer sportlichen Erfolgsmeldung, getitelt: «Wir sind Papst!» Ein Satz, den man sich acht Jahre später im nicht minder fussballverrückten Argentinien nur allzu gern zu eigen machte.

Fragt sich allerdings, ob dort drüben am Rio de la Plata eigentlich schon irgendjemandem die fatale Kehrseite dieser hübschen klerikalen Medaille bewusst geworden ist: Denn einen weiteren Titelgewinn wird es damit für die Argentinier bis auf Weiteres nicht geben!

Das letzte Land, das, während es einen amtierenden Papst stellte, eine Fussball-Weltmeisterschaft gewinnen konnte, war Italien: 1938! Danach blieben die «Azzurri» zwar noch weitere 40 Jahre – bis September 1978 – Papst, wurden aber über die gesamte lange Durststrecke von immerhin vier Jahrzehnten kein einziges Mal mehr Weltmeister! Das sollte erst wieder nach der Wahl des ersten nichtitalienischen Pontifex, des Polen Karol Wojtyla, klappen – und zwar gleich beim ersten danach wieder möglichen Anlauf, dem WM-Turnier in Spanien 1982.

Müssig, darauf hinzuweisen, dass auch den Polen während des 27-jährigen Pontifikats ihres Johannes Pauls II. nie ein WM-Titelgewinn gelingen sollte. – Und auch die Deutschen: Hatten schon drei WM-Titel auf dem Konto und den vierten für das Turnier 2006 im eigenen Land fest ins Visier genommen, als ihnen das Konklave in Rom 2005 unvermittelt diesen Ratzinger als Papst vor die Nase wählte. Worauf es bei den besagten drei WM-Titeln für die nächsten Jahre und Turniere denn auch prompt bleiben sollte – und bis heute wohl auch geblieben wäre, hätte …, ja, hätte dieser Benedikt, der ausgebuffte Fussball-Fuchs, nicht 2013 – und damit noch gerade rechtzeitig vor der WM 2014 in Brasilien – den päpstlichen Bettel hingeworfen und so Jogi Löws Team den Weg zum – dann tatsächlich wahr gewordenen – vierten deutschen Titelgewinn geebnet: bezeichnenderweise im Final gegen die ahnungslosen Argentinier, die in ihrer ungebrochenen Papa-Francesco-Manie noch gar nicht realisiert hatten, dass man nicht gleichzeitig Papst und Weltmeister werden kann.

Ob sie es inzwischen begriffen haben? Zweifel scheinen angebracht: Denn bis heute hat man noch nicht gehört, dass Messi und Co. die Aussichtslosigkeit ihrer Mission eingesehen und den Trip nach Russland schlicht gecancelt hätten. Dabei ist doch eines sonnenklar, ihr Traumtänzer: Solange dieser Franziskus
an seinem Heiligen Stuhl klebt, könnt ihr euch eure Titelträume definitiv abschminken!

Immerhin steigen vor dem Hintergrund des nichtpäpstlichen Weltmeisters die Chancen für die Schweizer in Russland. Vorausgesetzt, für die Schweizergarde gelten nicht dieselben Regeln wie für den Papst. Das würde dann wenigstens erklären, weshalb die Schweizer bei einer WM noch nie über den Viertelfinal hinausgekommen sind, und das ist sehr, sehr lange her.

Artikel erschienen in der Ausgabe

loader