
Im Kampf gegen die Einsamkeit hat der Mensch verschiedenen Methoden entwickelt. Er sozialisiert sich in Bars, an Familienfesten, bei der Arbeit oder im Sportverein. Stehen diese Möglichkeiten nicht zur Verfügung, greift er auf eine weitere Errungenschaft der Natur zurück: das domestizierte Haustier. Aber Vorsicht bei der Partnerwahl!
Wenn wir gerade bei Krimis sind: Können Sie sich vorstellen, anstelle von Kommissar Rex würde Minou einen Mörder stellen, einen Drogendealer verfolgen oder sich mutig als Kugelfang in die Schussbahn einer Neunmillimeter werfen um sein Herrchen zu retten? Wohl kaum. Katzen sind faul und bevor sie sich erziehen liessen, würden sie sich lieber selbst in ein Tierheim einliefern. Weshalb aber machen Hunde so was und liefern den Grund dafür, dass sich die Menschheit nicht nur in Männer und Frauen spaltet, und von mir aus noch alles, was dazwischen ist, sondern auch in Menschen, die sich beim ersten Date als Hundetyp oder Katzentyp outen. Kommt es dabei zu keiner Übereinstimmung, ist das gravierender als jede andere Vorliebe, von karnivor oder vegan, Nicht- oder Raucher, Blümchensex oder harte Pornografie. Kann man sich arrangieren, Rücksicht nehmen, mal dem Partner zuliebe nicht in den Süden verreisen, sondern zu den Nordlichtern.
Ich bin Gott
Nicht so bei der Frage nach Hund und Katz. Der eine ist des Menschen bester Freund, die andere dessen grösster Feind. Das liegt an der Grundeinstellung der beiden Spezies. Während der Rundumservice seines Herrchens oder Frauchens, bestehend aus Futter, Pflege und Betreuung, beim Hund zum Schluss führt: «Der Mensch muss ein göttliches Wesen sein», folgert die Katze daraus: «Ich muss Gott sein.» Dementsprechend verhalten sich die Tiere, was sich wiederum auf den Menschen auswirkt. Dieser interpretiert das Verhalten in jedem Fall positiv. Tönt verdammt kompliziert, ist aber ganz einfach. Wird die Wohnungstür aufgeschlossen, wartet dahinter das entsprechende Tier. Während der Hund sich tierisch freut, weil sein Gott, das Oberhaupt seiner Herde, endlich zurück ist, der Schwanz wedelt wie ein wild winkender Fan an einem Helene-Fischer-Konzert, auch wenn Herrchen oder Frauchen nur zehn Minuten weg war, um Zigaretten zu holen, denkt sich die Katze: «Du Arsch bist abgehauen, ohne meinen Fressnapf zu füllen.»
Therapiehund
Dieses Verhalten zieht sich weiter, durch sämtliche Lebenslagen der tierisch-menschlichen Beziehung. Katzen tun schon gar nicht so, als ob sie sich für Ihre Sorgen interessieren würden. Da können Sie die Probleme bei Ihrer Arbeitsstelle genauso gut einer Topfpflanze erzählen. Anders Hunde, die den Kopf leicht schräg legen, wenn Sie mit ihnen sprechen. Da schütten Sie freiwillig das Herz aus. Bislang ist wissenschaftlich allerdings nicht belegt, ob Hunde verstehen, was Menschen ihnen erzählen. Oder was sie diesen in komplizierten Beziehungsfragen raten würden. «Schnüffle doch einfach mal zwischen ihren Beinen und dann merkst du schon, ob sie läufig ist oder nicht.»
Genauso unerforscht ist, ob sich Hunde denken, ihr Gott sei einfach zu blöd, um auf ein Stöckchen aufzupassen, und dass er dieses garantiert nie mehr finden würde, wenn es Hundchen nicht endlos apportieren würde. Katzen lassen sich auf solche Spiele gar nicht erst ein. Sie spielen nur mit ihrem Personal ? und als solches betrachten einen Katzen, da unterscheiden sie sich in keiner Weise von pubertierenden Kindern ?, wenn am Stöckchen eine Schnur befestigt ist, an welcher etwas Mausartiges hängt. Damit muss man so nahe zur Katze, dass sie das Spiel jederzeit mit ihren Krallen und einer tiefen Risswunde in der Hand beenden kann. Im Gegensatz dazu wollen Hunde immer und überall «nur spielen», fallen dabei kleine Kinder, Jogger oder Briefträger an, aber niemals den Leitwolf, also Sie.
Lawinensuchkatze
Hunde sind völlig unkritisch, weshalb sie zu allen möglichen Tätigkeiten herangezogen werden können, die bei Katzen nicht denkbar sind. Können Sie sich beispielsweise eine Lawinensuchkatze mit einem Schnapsfässchen um den Hals vorstellen? Eine Drogenspürkatze oder eine für den Herdenschutz? Katzen wäre all das viel zu anstrengend. Einzig von Rauchmeldekatzen war schon zu hören, die bei einem Brand ihre schlafenden Besitzer aufweckten und so retteten. Allerdings nur, wenn die Katze nicht selber ins Freie konnte und ihr jemand die Türe öffnen musste. Hunde dagegen sollen vor lauter Treue schon am Grab ihres Herrchens den eigenen Tod abgewartet haben. Kurz: Katzen interessieren sich vor allem und ausschliesslich für eines: sich selber. Darin sind sie den Menschen nicht unähnlich, was auch erklärt, weshalb es in der Schweiz dreimal mehr Katzen gibt als Hunde.
Migros oder Coop
Wer weder mit dem einen noch dem anderen etwas anfangen kann, ist gut beraten, sich trotzdem für eine Seite zu entscheiden. Das hilft Ihren Mitmenschen beim Schubladisieren. Und sind wir ehrlich, bei einem ersten Date ist es irgendwie auch viel prickelnder, sich als Katzen- oder Hundetyp zu erkennen zu geben, als zu
sagen: «Ich bin ein Migros- oder ein Coop-Kind.»