
Einen Krimi zu schreiben, ist einfach: Sie brauchen ein paar belanglose Figuren, mindestens einen überdurchschnittlich scharfsinnigen Detektiv und einen Gärtner. Und natürlich mindestens ein Delikt. Das Verbrechen soll wenn möglich eher am Anfang der Geschichte passieren, nicht gegen Ende. Ebenfalls sehr wichtig ist ein zweiter Polizist, der nicht ganz so schlau ist wie sein Chef, jedoch die richtigen Fragen stellt, um die Geschichte voranzutreiben. Einen Harry Klein.
Weit verbreitet ist natürlich, ein paar Krimis zu lesen, die besten Teile zu kopieren und sodann zu einer neuen, noch besseren Geschichte zu mixen. Ist verpönt, merkt jedoch niemand. Eine der beliebtesten Beleidigungen in Literatenkreisen ist deshalb «Du elender Mixer» anstatt, wie beim gemeinen Volk … – na ja, Sie wissen schon. «Klauen» heisst in Künstlerkreisen übrigens «sich inspirieren lassen», was schöngeistig klingt und in Interviews extrem gut ankommt. Niemand erfindet das Rad, man macht es einfach noch runder. Besser halt.
Und bauen Sie mindestens einen Wendepunkt in Ihre Story, der Ihre Leserschaft total verblüfft: Die Tatwaffe war nicht wie ursprünglich angenommen Arsen, sondern eine Motorsäge, der verantwortliche Forensiker hat ein Verhältnis mit der Schwägerin des Tatverdächtigen oder der Gärtner war zur Tatzeit in der Sauna und hat ein dampfdichtes Alibi. Es ist spannend. Der Leser wird später einschlafen. Dennoch sind solche Richtungswechsel so selten wie eine Spurensicherung, die den Tatort nicht total zertrampelt.
Apropos Tatort: Die überraschendste Wendung in der rund vierhundertjährigen Geschichte von «Tatort» war, als der Chefpolizist eines Morgens eine Tasse Tee anstelle von Kaffee trank (ausserordentlich clever, denn Koffein macht viele Menschen nervös). Trotzdem – oder gerade darum – gilt diese Serie als äusserst beliebt. Übrigens: Der Satz «fahr schon mal den Wagen vor, Harry» soll angeblich in keiner der rund dreihundertfünfzigtausend Folgen von «Derrick» gesagt worden sein. So ist Fernsehen.
Aber zurück zu Ihrem Buch. Am besten legen Sie sich ein skandinavisch klingendes Pseudonym zu. Es erhöht die Chancen, einen Bestseller zu landen. Irgendein Sören Sörensson veröffentlicht ein Buch – und zack: Top Ten. Viele nordländische Namen beinhalten ein «ø» oder so ähnlich, was den potenziellen Leser sehr, sehr stark beeindruckt. Es ist geheimnisvoll. Nahezu hundert Prozent der Morde finden in einem Fjord statt, übrigens.
So, das waren die wichtigsten Hilfestellungen für Ihren Erstling. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und freue mich auf den nächsten Besuch in der Buchhandlung (am Eingang liegen ja immer diese Bestseller). Mit freundlichen Grüssen, Ihr Jørg Røtzmønn.