
Mit dieser Ausgabe steht der ‹Nebelspalter› an einem Wendepunkt. Über 145 Jahre lang hat der ‹Nebi› das Zeitgeschehen mit Humor begleitet. Gerade dann, wenn fremde Mächte oder eigene Obrigkeiten das Lachen verbieten wollten, lief man hier zu Höchstform auf. Immer dann, wenn man augenscheinlich nicht mehr viel zu lachen hatte, bewies man trotzig das Gegenteil.
Das Umdenken setzte mit dem Schwerpunktthema dieser Ausgabe ein: Ist der weisse Mann tatsächlich das Allerletzte? Präziser gesagt: das allerletzte Ziel, über das man noch unbeschwert lachen kann? Diesen Verdacht bestätigt jedenfalls manch ein Shitstorm der vergangenen Jahre.
Gerade in der Werbung ist es offensichtlich: Wenn ein Mensch in einem TV-Spot noch dumm, schusselig, unsympathisch oder anderswie klischiert auftreten darf, dann ist es garantiert: ein weisser Mann.
Über andere gesellschaftliche Gruppen sollte nur noch gelacht werden, wenn die Pointe von einem Mitglied dieser Gruppe stammt und diese Gruppe ausdrücklich ihr Einverständnis gibt, dass man sich darüber amüsieren darf. Das ergibt ja, wie etwa auch beim Sex, durchaus Sinn.
Jahrzehntelang haben wir – bis zum Bundespräsidenten hinauf – beschworen, wie gesund doch das Lachen sei. Jahrzehntelang haben wir ignoriert, wie wenig das für den Ausgelachten zutrifft – auch bis zum Bundespräsidenten hinauf. Non, rire n’est pas bon pour la santé.
Eigentlich hätte uns schon lange zu denken geben sollen, dass keine andere Spezies dieser Welt lachen kennt, so sehr wir uns an den (durch evolutionären Zufall) lächelnd geschnittenen Gesichtern von Katzen, Hunden oder Delfinen ergötzen.
Etwas mit Humor nehmen müssen Menschen nur, wenn sie in einer ungerechten Gesellschaft leben und keinen anderen Weg sehen, dieses Unrecht zu beseitigen. Dann kann es tatsächlich helfen, darüber zu lachen. Satire ist nur ein Übergangsphänomen auf dem Weg in eine perfekte Welt.
Wenn wir uns also zunehmend selbst das Lachen abgewöhnen, kann das demnach nur bedeuten, dass die perfekte Welt nur noch wenige Schritte entfernt ist. Wenn das kein Grund zur Freude ist!
Sollten Sie sich als Mitglied einer soziologisch definierbaren Entität (Geschlecht/Herkunft/Glaube/Beruf) in dieser Ausgabe dennoch durch allfällig vorhandenen Humor verletzt fühlen, möchten wir an dieser Stelle für diesen Rückschlag um Entschuldigung bitten. Bald haben wirs geschafft.