
Vorsicht ist besser als Nachsicht, wobei diese Ansicht durchaus mit Risiken verbunden ist, weil die sich nämlich – Hypochonder einmal ausgenommen – gerade bei Männern mit überspanntem Sicherheitsbedürfnis zur «krankhaften Präventivsucht» auswachsen kann. Wer von ihr befallen wird, kann oft vor Sorge nicht schlafen und setzt sogar einen Helm auf, wenn er eine Reiseversicherung abschliesst.
Was ist eigentlich los mit uns? Wollen wir nur noch präventiv leben, defensiv leben, mit Brillen und Weingläsern aus Panzerglas und kugelsicheren Westen? August-Feuerwerk nur nach erfolgreicher Pyro-Prüfung? Zählen Alarmanlagen bereits zur Unterhaltungselektronik? Kein Tretbootfahren mehr auf dem Bieler See aus Angst vor somalischen Piraten? Kann man der «höheren Gewalt» einfach ausweichen, indem man Bergtouren vermeidet? Kein Zugfahren mehr auf den Strecken der SBB? Ist James Bond etwa rentenversichert? Wozu haben Boxer eigentlich Security? Wegen dem Risi.k.o.? Wenn die sich nicht einmal wehren können – wer dann?
Gesundheitsschädigend
Immer nur Schonkost? Immerzu Angst? Ob ich vielleicht für einige Zeit das Atmen einstellen soll? Gerade wurde dazu ein hochinteressanter Artikel in «Sterbehilfe aktuell» veröffentlicht. Wir essen weniger, verweigern uns Kaffee und betrachten schon die Kräutertees als perfide Giftattacke. Der Joint ist längst billiger als eine Zigarette. Ich habe neulich eine Liste erstellt mit all den Dingen, die angeblich gesundheitsschädigend sind, leider habe ich sie verlegt, wahrscheinlich, weil Salz das Erinnerungsvermögen beeinträchtigt. Ob Verbote allerdings immer so klug sind? Erst die Prohibition liess die Mafia in Amerika gross werden und eine repressive Drogenpolitik rief die Kartelle auf den Plan.
Angesichts der weltweiten äusseren Unsicherheit, wie ist es da um die innere Sicherheit bestellt? Gut, die Einbruchszahlen sind in letzter Zeit massiv eingebrochen – das liegt daran, dass die Leute im Homeoffice häufiger zu Hause sind. Wenn die Menschen sich aber nicht mehr vor die Tür trauen, wird auch die Gewalt häuslicher, und niemand vermag zu sagen, ob sie sich eines Tages wieder problemlos outsourcen lässt. Sowieso laufen die Leute derzeit alle herum wie Mitglieder der Panzerknackerbande. Unmöglich, zu unterscheiden: Wer ist Maskenträger, wer Räuber?
Alarmsysteme im Smarthome, Selbstschüsse, Schützengräben, Pitbulls – der Schweizer mit seiner Bunkermentalität hat sicher schon konkrete Vorkehrungen getroffen für ein Leben mit Netz und doppeltem Boden.
Pandemie im KKW
Längst wartet die Arche Noah im Carport. Manch Bessergestellte umgibt sich mit einer Leibgarde wie ein mexikanischer Drogenbaron. Es existiert hierzulande eine Hitparade der Risikofaktoren – wovor haben die Schweizer am meisten Angst? Die aktuelle ETH-Studie ergab: Pandemien im KKW auf Platz eins, dann Terrorismus in der Landwirtschaft, Platz drei Temperaturanstieg in der Gentechnik, kann sein, dass ich da jetzt etwas durcheinandergebracht habe. In Zürich und Basel haben die meisten davor Angst, dass die Berner Young Boys wieder Meister werden.
Vielleicht sollten wir erst einmal von dieser Welt eine Sicherheitskopie ziehen. Dieser Text endet mit einer scheu angedeuteten Verbeugung, denn Sie wissen ja schon: Verbeugen ist noch immer besser als Heulen!