
Kürzlich habe ich ein Interview mit einem Manager gelesen, und da wurde dieser gefragt, was für ihn denn Luxus sei. Das ist eine beliebte, oft gestellte Frage.
Es scheint so, als würden angehende Journalisten in Interview-Trainingslagern bei minus dreissig Grad auf dem Aletschgletscher dazu gezwungen, nur mit Unterwäsche bekleidet, hundert Mal diese Frage herauszubrüllen. Der Manager antwortete: «Zeit ist für mich Luxus.» Tatsächlich hören sich viel beschäftigte, wohlsituierte Menschen gerne sagen, dass Zeit Luxus sei. Der gute Ton.
So weit, so gut. Nun sagt der Volksmund «Zeit ist Geld», was in diesem Kontext zum einen oder anderen Gedanken Anlass geben dürfte. – Na, was denn nun? Ist Geld Luxus, kann man sich mit Geld Zeit kaufen? Oder suhlen sich Arbeitslose etwa in Luxus, weil sie viel Zeit haben? – Oder noch besser: weil sie viel Geld haben? Wir sind verwirrt. Anstelle von «arbeitslos» sollte man übrigens «stellensuchend» sagen, weil es positiver klingt.
Zeit, um zum Schluss zu kommen. Ein Schelm, wer behauptet, dass Manager auf die obige Frage antworten, Zeit sei für sie Luxus, weil sie a) bereits alle käuflichen Güter ihr Eigen nennen und b) im gleichen Zug der Welt mitteilen können, dass sie einfach unglaublich (das wiederholen wir gerne: unglaublich!) viel Zeit in ihre Aufgabe investieren und damit ihr überdurchschnittlich hohes Salär mehr als gerechtfertigt ist. Im eigentlichen Sinne sind sie unterbezahlt. Natürlich kann es auch andere Gründe geben. Doch für diese Ausführungen fehlt uns hier … der Luxus.