
Kleine Fragerunde: Blitzt unter Ihrem Ärmel eine teure Golduhr oder die neuste Smartwatch hervor? Punktet Ihr Auto mit Pferdestärken oder
mit Kilowattstunden? Stecken Sie Ihr Geld in eine Golfclub-Mitgliedschaft oder in eine Regenwald-Patenschaft für zwölf Quadratkilometer CO2-Ausgleich? Sind Sie blingbling oder bio?
«Universelle Statussymbole sterben aus», schrieb unlängst das renommierte Frankfurter Zukunftsinstitut: Während Rolex
und Rolls Royce in den Augen vieler auf dem Friedhof der Prestigeobjekte gelandet sind, hat sich der Drang, den sozialen Status zur Schau zu stellen, nur diversifiziert. Statussymbole sind differenzierter, subtiler und kleinteiliger geworden. Wer von sich behauptet, ganz und gar nicht auf derlei zu achten, belügt sich selbst. Wo in der Tierwelt die schönste Mähne, das farbigste Gefieder oder das tiefste Quaken die Hack- und Fuckordnung bestimmt, erweitert der Mensch sein Ego mit materieller oder moralischer Überlegenheit. Längst haben wir dabei vergessen, dass unsere hochkomplexe Gesellschaft nur die Fortsetzung des Quakens mit anderen Mitteln ist. Die Natur kennt keine Beständigkeit, sondern immer aufs Neue Vergleich und Wettbewerb: gut oder genug reicht nicht, es muss stets besser und mehr als bei anderen sein.
Überraschend ist, dass sich die Evolution das krude Konzept des Exo-Schwanzvergleichs gleich zweimal ausgedacht hat: Bei insgesamt 17 von 20 bekannten Arten der Familie der Laubenvögel baut das Männchen aus Ästchen aufwendige Lauben, die es sorgsam und nach ausgewählten Farben geordnet mit Blüten, Früchten und anderen Objekten dekoriert. Wer im Dschungel Neuguineas auf einen solchen Balzplatz trifft, wird kaum glauben, dass so eine Anlage nicht von Menschenhand errichtet worden ist. Richtig geraten: Den Vögeln geht es dabei nur ums Vögeln. Hat sich ein Weibchen einmal für die schönste Laube entschieden, wird der Erbauer zum Macho: Brut und Aufzucht des Nachwuchses gehen ihm völlig am Bürzel vorbei. Bezeichnenderweise besitzen Laubenvögel im Vergleich zu ihren Artgenossen proportional die grössten Gehirne und haben sehr lange bis zur Geschlechtsreife. Manche Tiere sind eben auch nur Menschen. So oder so: Sichern Sie sich jetzt rasch eine Laubenvogel-Patenschaft, bevor im Bekanntenkreis jeder Depp mit so was angibt.
PS: Während Ihnen die Juni-Nummer mit den Schwerpunkten «Statussymbole» und «Fussball» hoffentlich eine heitere Lektüre beschert - versuchen Sie es mit dem aktuellen E-Paper -, gehen wir Hinweisen nach, ob der besonders eindrückliche Laubenbau vielleicht auch der Grund war, weshalb sich Helvetia anno 1848 für Bern als Bundesstadt entschieden hat.